Aus unserer Diskussionspraxis

… im Hinblick auf historisch präzise Begriffe und Textverläufe, die antisexistische, antirassistische und queere, nicht-heteronorative Effekte haben: Lange schon diskutieren wir, auch mit unseren jeweiligen Auftraggeber_innen, dass der Übersetzung des englischsprachigen Begriffs race ins Deutsche mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen ist. Race wird oft als Rasse oder bestenfalls unter Anführungszeichen, die die Übersetztheit markieren sollen, als „Rasse“ übersetzt — obwohl doch gemeinhin Einverständnis darüber besteht, dass das deutsche Wort Rasse unumgänglich den Verweis auf den Holocaust und faschistische Ideologien vollzieht. Den englischsprachigen Begriff race kennzeichnet zudem eine jahrzehntelange Geschichte der politischen und theoretischen Umarbeitung und Wiederaneignung durch ethnisierte, rassisierte Sprecher_innen. (Vgl. dazu die Übersetzer_in Heidi Armbruster, die darauf hinweist, dass der Begrif race auch im britischen/US-amerikanischen Raum keineswegs als absolut unproblematische Kategorie diskutiert wird.) Für die Übersetzung des Begriffs race wählen wir den in zeitgenössischen deutschsprachigen rassismuskritischen Texten verwendeten Begriff der Rassisierung. (Andere zeitgenössische deutschsprachige Texte entscheiden sich für Rassialisierung oder Rassifizierung.) Dieser Begriff verweist in seiner grammatikalischen Form auf den Prozess des Konstruierens. Auf der Ebene der Vorstellung wie auch der Alltagspraxis bedeutet er die soziale Praxis des rassistischen Markierens. Der Begriff ermöglicht so eine Denaturalisierung rassistischer Typologisierungen, die immer Manifestationen von Rassismus sind.

siehe Heidi Armbruster in: Shirley Tate, Grossbritannien im Sommer 2002: Ist Schwarze antirassistische Politik noch notwendig? Übers. von Heidi Armbruster, in: Ljubomir Bratic (Hg.), Landschaften der Tat. Vermessung, Transformationen und Ambivalenzen des Antirassismus in Europa. St.Pölten: SozAktiv 2002, S. 48/9). Vgl. dazu auch Übersetzungskollektiv gender et alia in Trinh T. Minh-ha (2001) Secession, Wien, 15.

Hier ein aktueller Beitrag von Autor*innen der Universität Freiburg, die in der Süddeutschen Zeitung insistieren, dass der US-amerikanische Begriff „race“ nicht mit dem deutschen Wort „Rasse“ übersetzt werden kann, weil es etwas anderes meint: https://www.sueddeutsche.de/kultur/rassismusdebatte-lost-in-translation-1.3983863

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